Stadtentwicklung in Achim

Am 11. September im nichtöffentlichen Teil der Sitzung des Stadtplanungsausschusses platzte die Bombe: Die Stadtverwaltung musste mitteilen, das nicht nur das alte Amtsgerichtsgebäude, sondern auch das Gefängnis und der Gefängnishof unter Denkmalschutz stehen. Damit wurden jahrelange Bemühungen der Stadt, jahrelange Beratungen in den Ratsgremien und erhebliche Planungskosten hinfällig.

Wie konnte das passieren? Wenn man alle Berichte, Stellungnahmen und Recherchen zusammenfasst, ergibt sich ein trauriges Bild: Die Stadtverwaltung mit dem Bürgermeister an der Spitze hat sich auf Aussagen des Landes verlassen. Im Land Niedersachsen herrschte Chaos: Verschiedene Behörden und Ministerien arbeiteten gegeneinander, auch die örtlichen CDU- und FDP-Abgeordneten wussten offenbar von nichts. Das ganze ging jahrelang so, der Stadtrat wurde über Zwischenergebnisse informiert, die sich im Nachhinein als unrichtig, zumindest unvollständig herausstellten.

Der Stadtrat hat sich die wenigsten Vorwürfe zu machen: Er hat einen einstimmigen Ratsbeschluss zu den Nutzungsabsichten für Amtsgericht und Baumplatz gefasst (auch wenn einige politische Vertreter sich daran inzwischen nicht mehr erinnern können). Der Stadtrat hat sich regelmäßig berichten und sich noch in diesem Jahr über eine gelungene Entwicklung in Lingen im Emsland informieren lassen. Sachbearbeitung in der Stadtplanungsabteilung gehört nicht zu den Aufgaben des Stadtrates, und Mängel in der Stadtverwaltung sind nicht durch den Stadtrat, sondern durch den Bürgermeister zu beheben.

Wie geht es weiter? Es ist zunächst festzuhalten, dass der Schutz von Baudenkmälern zwar gesetzlich geregelt, aber dieser in Einzelfällen auch aufgehoben werden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn wie in Achim der Nutzungszweck (Gefängnis) wegfällt. Interessant wäre die Frage, was das Land Niedersachsen (am 3.12. verlässt der letzte Gefangene Achim) mit dem Gefängnis vorhat. Für die Aufhebung des Denkmalschutzes wäre der Landkreis Verden zuständig. Dies setzt allerdings ein konkretes Bauvorhaben und einen Antrag des Eigentümers (Land Niedersachsen) voraus. Beides würde erheblichen Aufwand bedeuten. So lange kann Achim nicht warten.

Bei aller Enttäuschung wäre aber Nichtstun auch keine Lösung. Die Achimer Innenstadt verzeichnet erstmals seit längerer Zeit erhebliche Leerstände, und die Kaufkraft der Achimer Bevölkerung wird zu mehr als 50 Prozent außerhalb Achims genutzt. Nach den Berechnungen der City-Initiative fehlen in Achim im Vergleich zu vergleichbaren Städten mindestens 4000 qm Verkaufsfläche. Dies ist durch kleine Geschäftserweiterungen nicht zu schaffen, sondern nur durch entsprechende neue Angebote in der Innenstadt und in deren Umfeld.

Eine oft gestellte Frage: Muss die Erweiterung des Angebots in Achim sein?
Wäre Achim nicht auch als Schlafstadt mit wenig Einkaufsmöglichkeiten, aber Wohnungen, kulturellen und sozialen Angeboten und ein gesundes Umfeld attraktiv?
Zumindest mittelfristig geht diese Rechnung nicht auf: Eine tote Innenstadt ist auch für Bewohner und Besucher nicht attraktiv, und auch kulturelle und gastronomische Angebote müssen sich wirtschaftlich rechnen.

Letztlich ist zu fordern, dass sich alle an der Achimer Innenstadt Interessierten an einen Tisch setzen und Vorschläge vorurteilsfrei beraten und (endlich!) auch zu Ergebnissen kommen. Bis dahin könnten die Achimer Geschäftsleute durch attraktive Angebote und die Achimer Bevölkerung durch ihr Kaufverhalten dazu beitragen, dass die Achimer Innenstadt auch für Geschäfte und Arbeitsplätze wieder attraktiv werden könnte.

Fritz-Heiner Hepke