Ministerpräsident Weil: Das Ende unserer Möglichkeiten rückt näher

Im Rahmen seiner Aktion "Arbeit und Dialog" machte der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil am 1.Oktober Station in Achim. Während er tagsüber den Kollegen des Polizeikommissariats über die Schulter schaute und u.a. bei einer Verkehrskontrolle mitwirkte, stellte er sich am Abend den Fragen der Bürger.

Stepahn Weil im unmittelbaren Dialog

In einem rund zweistündigen Dialog war das Hauptthema natürlich die aktuelle Flüchtlingssituation im Land und vor Ort. Stephan Weil hatte neben der Landesbeauftragten Jutta Schiecke aus Lüneburg auch  Tim Schlüter als Moderator mitgebracht.

Zur Zeit kommen pro Tag 1000 Flüchtlinge nach Niedersachsen, und es sei kein Ende in Sicht, so Weil. Er vermisse die Solidarität und Unterstützung der europäischen Nachbarn.  Wenn sich hier keine gemeinsame Lösung abzeichnet, befürchtet der Ministerpräsident die Stabilität des politischen Systems.

Dankbar ist er über das zahlreiche ehrenamtliche Engagement. So berichtete er von dem Polizisten, der neben seiner dienstlichen Befassung mit dem Thema in seiner Freizeit 30 junge Männer betreut und sie an den Fußball heranführt. Allerdings dürfe man dieser Bereitschaft auch nicht dauerhaft belasten.

"Ich bin stolz auf das, was in dieser Sache durch das niedersächsische Innenministerium geleistet wird. Ich sehe aber auch, dass das Ende unserer Möglichkeiten näher rückt. Eine Lösung dieser Aufgabe ist nur durch die Bundesregierung möglich", stellte Weil unmissverständlich fest.

Flüchtlinge können nach 3 Monaten eine Arbeitserlaubnis erhalten und es sei davon auszugehen, dass die Hälfte aller Asylbewerber wegen ihrer Fluchtgründe einen längeren Aufenthaltsstatus erhalten werden, reagierte Weil auf die Anfragen aus dem Plenum.

Einen möglichen Fluchtgrund machte Weil in der Kürzung der täglichen Mittel des UNHCR (UN Hochkommissar für Flüchtlinge) aus. So sei die Verpflegung in den Flüchtlingscamps nahe der syrischen Grenze von 26 $ auf 13 $ pro Tag reduziert worden, ein Betrag, der nicht zum Leben reicht. Zudem kritisierte Weil, dass es zwischen den USA und Russland keine Ansätze einer gemeinschaftlich ausgerichteten Politik gegenüber Syriens Machthaber Assad gebe.

Daher sei der Sprachförderung an den Zufluchtsorten die höchste Priorität einzuräumen. Dauerhafte Wohnräume müssen geschaffen werden, der Staat muss wieder in den Wohnungsbau investieren.

"Integration wird in Zukunft unser Thema bleiben, aber ich bin sicher, dass wird das Land stärken", so die abschließende Beurteilung dieses Themas durch den Ministerpräsidenten.

Von den anwesenden Bürgern wurde darauf hingewiesen, dass es in den KiTas Probleme bei der Inklusion und zugleich Integration von Flüchtlingen geben könne. Der Ministerpräsident verwies in seiner Antwort darauf, dass die durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts frei werdenden Mittel aus dem Budget für das Betreuungsgeld auf die Länder verteilt würden. Demnach dürften die Einrichtungen in Niedersachsen jährlich mit zusätzlichen Mitteln von ca. 100 Mio € rechnen, eine Summe mit der man vor Ort gestalten könne, so Weil.

Ein weiteres Thema war die Reform der Krankenhausfinanzierung. Betroffene wiesen  darauf hin, dass es ohne eine gute Personalausstattung auch keine gute Versorgung geben könne. Die laufenden Kosten der Häuser seien unzureichend finanziert. Weil gestand ein, dass die aktuelle Maßnahme lediglich eine Verbesserung, aber noch kein Befreiungsschlag zur Krankenhausfinanzierung sei. Aus seiner Sicht besteht das Problem auch darin, dass es landesweit möglicherweise auch zu viele kleine Einrichtungen gäbe, die für sich gesehen nicht hinreichend leistungsfähig seien.

Ob denn bei den Pflegesätzen der Seniorenheime eine Verbesserung zu erwarten sei, wurde Weil gefragt. Niedersachsen sei hier im Vergleich mit den übrigen alten Bundesländern Schlusslicht. Vor den Kameras des inzwischen anwesenden NDR Fernsehens machte der Ministerpräsident deutlich, dass es notwendig sei, mehr Pflegekräfte einzusetzen und selbstverständlich ein Pflegesatz notwendig sei, der eine tariflich auskömmliche Bezahlung des Personals gewährleiste.

Allerdings wies er auch darauf hin, dass seiner Meinung nach die Betriebe in der Breite nicht hinreichend ausbilden würden. Daher sei eine Umlage der Ausbildungskosten notwendig.

Zum Schluss der Veranstaltung wurde Weil nach dem Stand der Schulpolitik nach  Inkrafttreten des aktuellen Schulgesetzes gefragt.

Stephan Weil ist sich sicher, dass die Wiedereinführung des "G9" Abiturs die Attraktivität der Gymnasien sichern wird. Bezüglich der Entscheidung, ob vor Ort eine IGS oder Oberschule für die Sekundarstufe 1 eingerichtet werden soll, verwies er auf den mehrheitlichen Elternwillen. "Am besten ist es, wenn darüber vor Ort in der Kommune entschieden wird", so Weil.  Das gelte auch für die Frage nach einer verpflichtenden Ganztagsschule. Durch die verbesserte Förderung von Ganztagsschulen sei die Zahl dieser Schulen landesweit auf über 60 % gestiegen.

Hier sehen Sie einen Bericht zum Besuch des Ministerpräsidenten bei der Achimer Polizei