Wir brauchen die SPD als Anker für soziale Gerechtigkeit

"Nichts kommt von alleine, viele Errungenschaften sind hart erarbeitet und erkämpft." Mit diesen Worten begrüßte der Ortsvereinsvorsitzende Michael Pahl die Gäste zum 150 jährigen Jubiläum der Achimer SPD im Kulturhaus Alter Schützenhof. Obwohl Michael Pahl mit 33 Jahren sicher zu den jüngeren Genossen im Kreis der Jubilare gehörte, machte er mit seinen Worten klar, warum die SPD aus ihrer Geschichte und Tradition lebt und sich in allen Zeiten von Extremisten distanzierte, damals wie heute.

Michael Pahl während der Begrüßung

Begrüßungsrede zum 150-jährigen Jubiläum der Achimer SPD

Sehr verehrte Gäste,

dieses Jubiläum ist etwas ganz besonderes, wir sind damit mit Abstand der Dino unter den Parteien. Eine Partei, die viele Siege, aber auch Niederlagen und Anfeindungen in diesem Zeitraum überstanden hat, weil sie für die sozialdemokratische Idee eingestanden hat.

150 Jahre sind für eine politische Partei eine ganz schöne „Hausnummer“. Ich denke, kein Redner wird nur ansatzweise alle wichtigen Ereignisse und Entwicklungen dieser Zeit an einem Abend zusammenfassen können.

150 Jahre SPD – lange habe ich überlegt, was mir ganz persönlich dazu einfällt.

Zunächst einmal war dies der erwähnenswerte Umstand, dass – als ich vor ein paar Jahren mit meiner Familie nach Achim gezogen bin – wir zunächst zur Miete in einer Doppelhaushälfte gewohnt haben, und zwar in der Otto-Wels-Straße. Das war für mich, ehrlich gesagt ein echter „Knaller“. Sozusagen der beste Straßenname, den ich je hatte – und ich bin aufgrund beruflicher Veränderungen bis dahin schon einige Male umgezogen. Wenn ich mir heute die Rede anhöre, wie Otto Wels die Begründung für die Ablehnung der SPD gegen das Ermächtigungsgesetz  vorträgt – ich weiß nicht wie es Ihnen geht – aber ich bekomme Gänsehaut.

Daneben gibt es noch weitere Sternstunden der SPD, die Sie kennen, z. B.

  • die Ostpolitik unter Willy Brandt, ebenso wie die Bildungsreformen.
  • Schmidts professionelles Krisenmanagement
  • und in jüngerer Vergangenheit bspw. Schröders Nein zum Irak-Krieg
  • oder die kompetente Überwindung der Wirtschaftskrise durch die sozialdemokratischen Minister in der großen Koalition.

Auch die Achimer SPD hat Geschichte geschrieben:

  • Seit der Gebietsreform im Jahre 1972 sind wir die stärkste Fraktion im Stadtrat.
  • Zunächst hatten wir die absolute, seit den 90er Jahren immer die politische Mehrheit in dieser Stadt.
  • Die Achimer SPD stellte in den zurückliegenden fast 50 Jahren
    • 1 Bürgermeister
    • 2 Landräte im Landkreis Verden
    • 3 Landtagsabgeordnete
    • 1 Vizepräsidenten und Oppositionsführer im Landtag
    • 1 Bundesminister

Mir als junger Mensch, der auch gerade „frisch“ Verantwortung in der Partei übernommen hat, ist vor allem noch ein Thema wichtig, nämlich die Beantwortung der Frage „Warum brauchen wir die sozialdemokratische Partei eigentlich heute und auch in Zukunft“?

Ich möchte Ihnen gerne drei für mich entscheidende Argumente erläutern:

Punkt 1

  • Große Sorge bereitet mir ein Blick auf die Entwicklung der rechtspopulistischen Bewegungen in Europa, auch in Deutschland. Es wird teilweise eine Rhetorik an den Tag gelegt, die wir glaubten, überwunden zu haben, eine fremdenfeindliche, von Hass geprägte Rhetorik.
  • Dem müssen wir uns als Sozialdemokraten mit aller Macht entgegen stellen, dabei dürfen wir die Populisten nicht dämonisieren, sondern entlarven, und zwar mit allen uns zur Verfügung stehenden, demokratischen Mitteln: Kritisch hinterfragen und Antworten auf Fragen aller Lebensbereiche einfordern. Wenn wir das tun, dann werden alle erkennen: Außer Angstmachen haben diese Populisten keine Antworten!
  • In einem Punkt bin ich mir dabei sicher: Wir als Sozialdemokraten sind zu 100% – und ich sage dies auch ganz ausdrücklich in Abgrenzung zu anderen Parteien innerhalb des deutschen Parteienspektrums – zu 100% verlässlich in dieser Sache.

Punkt 2

Wir brauchen die SPD als Anker für soziale Gerechtigkeit

  • Wir können beobachten, dass die Mittelschicht in unserer Gesellschaft ausdünnt, die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander klafft, auch hier die Ränder stärker werden.
  • Die SPD muss darauf achten, dass diese Entwicklung nicht weiter voran getrieben wird, sondern ein gesellschaftlich fairer Ausgleich stattfindet.
  • Es gilt vor allem darum, die Weichen richtig zu stellen, d. h.
    • nicht allein im Nachhinein durch Transferleistungen zu reparieren,
    • sondern im Vorwege durch eine verantwortungsvolle Bildungspolitik dafür zu sorgen, dass die soziale Herkunft gerade NICHT entscheidend ist für den Bildungserfolg.

Punkt 3

Die sozialdemokratische Partei muss dafür sorgen, dass das Leistungsprinzip in unserer Gesellschaft gilt.

  • Wenn man sich bspw. den Wert von Kapitalvermögen im Gegensatz zum Volkseinkommen in Deutschland anschaut, ist das Ergebnis beachtlich. Der Wert der Kapitalvermögen in Deutschland entspricht heute in etwa dem, was die gesamte Nation innerhalb von 4 Jahren verdient. So hoch wie derzeit war dieses Verhältnis seit den 1920er Jahren nicht mehr.
  • Dies ist ganz konkret für viele erlebbar, denn: Wenn Kapitalvermögen unsere Wirtschaft stärker beeinflusst und bei bei der Erreichung von Wohlstand eine größere Rolle spielt als das, was jeder Arbeiter, Angestellte und Selbstständiger tagtäglich verdient, entzieht dies aus meiner Sicht unserer Gesellschaft den Boden für das allseits versprochene Leistungsprinzip und damit den Grundgedanken für den sozialen Zusammenhalt.
  • Die Finanzkrise hat uns vor einigen Jahren die Auswüchse dieser Entwicklungen vor Augen geführt. Viele Probleme wurden angegangen, aber vieles ist nach wie vor ungelöst – hier werden wir gebraucht.

Wie sieht es eigentlich in Achim aus? Was können wir aus den übergeordneten Punkten für uns vor Ort mitnehmen?

  • Ich meine, diese übergeordnete Politik muss sich auch in den Kommunen wieder finden, z. B. indem wir Sozialdemokraten
    • uns für ein verlässliches, frühkindliches Betreuungsangebot einsetzen
    • für Ganztagsschulen
    • für bezahlbaren Wohnraum, auch für ältere Menschen und solche mit geringem Einkommen
    • oder bspw. für die Erhaltung der wohnortnahen Versorgung aller Bürgerinnen und Bürger
    • und noch viele weitere Dinge, für die wir stehen und hoffentlich erneut zur stärksten Fraktion für die nächsten 5 Jahre gewählt werden.

150 Jahre liegen also hinter uns, wir fragen uns, wie wohl die nächsten 150 Jahre aussehen werden.

Seitdem ich vor einiger Zeit angefangen habe, mich politisch in der Kommune zu engagieren und das Geschehen beobachtet habe, konnte ich feststellen: Die Kommunalpolitiker haben es nicht leicht, sie müssen teilweise die Haue einstecken für etwas, womit die Kommune gar nichts zu tun hat, und sind selbst ständig auf Achse, denn das politische Mitwirken ist zeitintensiv.

Dazu kommt: Viele Bürger sind skeptisch gegenüber politischen Parteien, haben ein negatives Bild und verbreiten dies. Es gilt heutzutage als wenig attraktiv, Mitglied einer Partei zu sein oder gar aktiv mitzumachen.

Dabei ist dies so wichtig, für die Menschen und die Demokratie allgemein, denn: Nichts kommt von alleine, viele Errungenschaften sind hart erarbeitet und erkämpft.

Alle diejenigen die hier sind – und sie haben vorhin gehört, welche Vielzahl von Organisationen hier vertreten ist – engagieren sich in vielfältiger Weise, meist ehrenamtlich, sei es als Mitglieder der SPD oder einer anderen Organisation, Sie bringen Ideen ein, gestalten unsere Stadt mit, setzen sich aktiv ein, Sie sitzen nicht nur auf dem Sofa, sondern gehen raus, zu den Menschen, hören zu und wollen die anstehenden Probleme lösen

Und genau das finde ich, ist enorm wichtig für die Gesellschaft und speziell auch für unsere sozialdemokratische Partei, und wenn wir uns dies zu Herzen nehmen, dann werden wir auch die nächsten 150 Jahre erfolgreich meistern!

Herzlichen Dank!